Der Netstaler Marc Auer mischt bei den Hip-Hop-Grössen in den USA mit
Er produziert in Netstal Musik für amerikanische Topmusiker. Marc Auer verrät den «Glarner Nachrichten», wie er das geschafft hat und
weshalb ein fertiger Song noch in letzter Minute vom Album flog. von Sara Good
Wie ein Sandwich schichtet sich Marc Auer seine Lieder zusammen.
Das Brötli ist der Rhythmus, darauf legt er den Salat, zum Beispiel eine soulige Stimme, die sich wiederholt.
Dann kommt die eigentlich entscheidende Schicht: der Rap. Den Sprechgesang bekommt er in der Regel fixfertig vom Künstler zugeschickt. Abgerundet
wird das Ganze noch mit einem Bass und fertig ist das Sandwich. Und obwohl der Rap das Lied
trägt, würde es fade schmecken, wenn die Zutaten rundherum nicht dazu passen.
Auer demonstriert das «klangschaulich» in seinem Studio in Netstal. Auch in seinem Programm sind die verschiedenen Zutaten für den Song übereinandergeschichtet. Blitzschnell rauscht die Maus auf dem Bildschirm hin und her. Zuerst lässt er den Rhythmus laufen und blendet dann immer
mehr Spuren ein, bis die Komposition komplett ist. Der Klang aus den Boxen füllt den ganzen Raum.
In letzter Minute von Stormzys Album geflogen
Die Wand vor seinem Studio ist mit unzähligen Vinylplatten tapeziert. «Viele habe ich in Brockis gefunden», erzählt Marc Auer. Die alten Lieder nutzt er für
seine neue Musik. Er recycelt Teile davon und haucht ihnen einen neuen Anstrich ein. Zum Beispiel verwendet er einen Teil eines Gitarrenriffs, wiederholt es, macht es schneller und passt die Tonhöhe an. «Sample» nennt sich das.
Nicht alle Künstlerinnen und Künstler finden es gut, wenn sich Fremde an ihren Songs bedienen und damit Geld verdienen möchten. So passiert vor ein
paar Wochen, als Auer Stormzy einen Beat schickte. Das ist ein britischer Rapper, der letztes Jahr als Headliner
am Open Air Frauenfeld auftrat. Stormzy gefiel, was er hörte.
Erst dann wollte sich die Plattenfirma
die Rechte am Originalsong sichern, damit Auer ihn in einer abgewandelten Version nutzen darf. Das gelang nicht. «Ich bin direkt vom Album
geflogen», sagt Marc Auer. Der fixfertige Song landete im Müll. Mehrere Tausend Franken seien ihm so durch die Lappen gegangen. «Aber ja, wenn eine
Metal Band meine Musik für Nazi-Sound benutzen würde, hätte ich auch Mühe damit», so Auer.
«100 Mails verschickt, fünf Antworten bekommen
Jahrelang hat Auer seine Beats an zahlreiche Labels und Künstler verschickt und sich durch neue Kontakte hochgearbeitet. «Anfangs habe ich 100 Mails verschickt und fünf davon wurden beantwortet», sagt Marc Auer. Die Konkurrenz unter den Produzentinnen und Produzenten sei riesig. Und seit einigen Monaten können Beats mit künstlicher Intelligenz automatisch erzeugt werden.
Mittlerweile arbeitet Marc Auer mit internationalen Hip-Hop-Grössen zusammen. Darunter Billy Danze von M.O.P., Method Man vom Wu-Tang
Clan oder Busta Rhymes. Der «Rap God» fehlt in seiner Liste noch: «Eminem wäre der kränkste», schwärmt
der 34-Jährige. Trotzdem sei es manchmal surreal, dass er Beats für seine Idole kreieren dürfe, deren Musik er schon seit seinen Teenagerjahren hört.
Produzent und Programmierer
Auer arbeitet auch mit lokalen Künstlern wie Bandit oder Gabe zusammen. In den letzten Monaten hat er das
Album «Grenzgänger» des Glarner Rappers El Cambio zusammen mit anderen Künstlern produziert, getauft wird die Platte am 11. Mai im «Holästei». «Eigentlich kann ich gut vom Musikmachen leben», führt Auer aus, der Teilzeit noch als Programmierer arbeitet. Er bekomme einen kleinen Anteil der Lizenzgebühren für die
Klicks, die ein Lied auf den verschiedenen Plattformen wie Youtube oder Spotify sammelt. Das sind zum Teil
mehrere Hunderttausend Klicks. Dazu kämen die Gagen, wenn ein Künstler seinen Beat verwende.
Er sei aber auch schon über den Tisch gezogen worden. Er zieht die Tastatur zu sich und sucht nach
einem Lied, das vor einigen Wochen veröffentlicht wurde. Als Produzent ist Auer aka «TooBusy», also «zu beschäftigt», nicht aufgeführt. Obwohl, einen kleinen Hinweis gibt es im Titel
darauf, dass der Netstaler hinter dem Beat steckt. «Die Plattenfirma hat einige
Noten am Schluss weggekürzt. Und im Vertrag stand, dass sobald jemand den Beat ändert, ich nicht mehr als
Produzent aufgeführt werde», führt Marc Auer aus. Er nimmt es mit Humor.
«Ich lerne immer wieder dazu. Die Amis haben immer ihre eigenen Gesetze.»